Meine Begegnung mit Ama Ata Aidoo (1973)

Ama Ata Aidoo und ich hatten eigentlich nur eine einzige persönliche Begegnung an der Universität Cape Coast. In einem großen Konflikt, der die ganze Universität umfasste, standen wir allerdings auf verschiedenen Seiten.
Es begann damit, dass Prof. B., der Rektor (Vice Chancellor) der Universität, mich über den DAAD als Deutschlektor an seine Universität berief. Ich kam dort für viele völlig überraschend und bei einigen auch nicht sehr erwünscht an. Gegen die angeblich etwas autokratische Herrschaft des Rektors, der selbst angeblich durch die strenge Schulung einer protestantischen Schule gegangen war (Bremen oder Basel?), hatte sich eine starke Studentenopposition gebildet. Man erzählte mir folgendes, wahrscheinlich mit einigen Übertreibungen: Wenn Studentenvertreter mit einem Anliegen zu ihm kamen, so ließ er sie zwar ausreden, wenn ihnen jedoch ein kleiner Fehler in der englischen Diktion unterlief, soll er sie aus seinem Sprechzimmer verwiesen haben. Ich verstand mich recht gut mit ihm, was mir nicht gerade zum Vorteil gereichte. Auch sein Projekt eines deutschen Sub-Departments im Department of French wurde als eine Fehlentscheidung des Rektors kritisiert.
Am 6. Juni 1973 lud man mich zur Fakultätssitzung ein, damit ich dort den Syllabus des neuen Fachs Deutsch vorstelle. Eine Gruppe der Teilnehmer versuchte zu verhindern, dass ich ihn vorstelle, denn man wollte das Fach ja gar nicht. Wortführer der Gegner waren Mr. Britwum aus dem Department of French und Ms Ama Ata Aidoo (Dept. of English), die damals schon einen guten Namen als afrikanische Schriftstellerin hatte und später Erziehungsministerin unter Rawlings werden sollte. Ihre Argumente waren, dass die deutsche Sprache nicht nützlich sei und dass sie für das Studium afrikanischer Sprachen eine Konkurrenz sei. In der Abstimmung gewannen die Gegner und ich kam überhaupt nicht zu Wort. Hieraus erklärt sich vielleicht auch, dass Ms Ama Ata Aidoo mich gar nicht wahrgenommen hatte.
Eines morgens, nachdem der Konflikt, angeblich durch Eingreifen des Pro-Chancellors und von Politikern, zugunsten des Deutschlektorats entschieden war, hatte ich meinen ersten persönlichen Kontakt mit Ama Ata Aidoo. Mein Steward und Koch Awunni meldete mir, dass eine Frau – es war Ama Ata Aidoo – mich sprechen möchte. Sie hatte gehört oder gesehen, dass eine von meinen beiden Autogaragen gar nicht genutzt wurde. Für zwei junge Männer – ich weiß nicht, ob es Studenten oder Hausangestellte waren – benötigte sie noch einen Wohn- und Schlafraum. Ich war sofort bereit, ihr meine Garage zur Verfügung zu stellen. Im Laufe des folgenden Gesprächs fragte sie mich, woher ich komme und welches Fach ich hier lehre. Als sie hörte, dass ich der Deutschlektor sei, bekam sie einen leichten Schreck, der sinngemäß so seinen Ausdruck fand: “Oh Gott, dann habe ich Ihnen ja große Schwierigkeiten bereitet!” Sie fügte sofort hinzu, dass sich ihre Opposition nie gegen meine Person gerichtet hat (sie kannte mich ja gar nicht persönlich). Vielmehr wollte sie nicht, dass die Lehre und Erforschung der afrikanischen Sprachen hierdurch eingeschränkt werden könnten. Ich versicherte ihr, dass ich auch nie einen persönlichen Groll gegen sie gehabt hätte. Damit war unsere einzige persönliche Begegnung beendet.
Link:  http://de.wikipedia.org/wiki/Ama_Ata_Aidoo

Über Franz Kröger

*1937, Studium der Ethnologie, Geschichte, Anglistik, Geographie und Philosophie (Münster und Wien), Unterricht an Gymnasien und in der Erwachsenenbildung; 1972-74 Dozent an der Universität Cape Coast (Ghana), seit 1977 freie Mitarbeit und Lehraufträge am Institut für Ethnologie (Universität Münster), zwischen 1973 und 2011 vierzehn Forschungsaufenthalte bei den Bulsa und acht Aufenthalte bei den Koma (beide Nordghana), Schwerpunkte in der Ethnologie: Religion (Übergangsriten, Ahnenkult, Divination), materielle Kultur, Sozialstrukturen, Linguistik.
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